Ein kurzer Blick auf Instagram und man sieht sie sofort: Zimmerpflanzen, die aussehen, als kämen sie gerade aus einem Ausstellungsraum. Glänzende Blätter, perfekte Symmetrie, kein einziges Staubkorn oder eine Verfärbung in Sicht. Als ob jede pflanze lebt in einem Fotoshooting. Aber mal ehrlich: Wie viele dieser Pflanzen sehen Sie so in Ihrem eigenen Wohnzimmer?
In diesem Artikel tauchen wir ein in die Welt der vermeintlich perfekten pflanze in den sozialen Medien. Wie wirkt sich dieses Bild auf unsere Erwartungen aus? Und warum ist ein pflanze mit einem Fleck, einem Riss oder einem krummen Blatt eigentlich genauso schön, wenn nicht sogar wertvoller ist?

Schönheit mit einem Filter
Auf Plattformen wie Instagram und Pinterest dreht sich alles um Bilder. Pflanzen werden im perfekten Moment fotografiert: gerade in der Blüte, frisch gegossen oder im richtigen Licht. Mit Filtern und Fotobearbeitung wird dann das ideale Bild geschaffen. Die Realität sieht man nicht. Denken Sie an das vergilbte Blatt, das abgefallen ist, an den Mehltau, der letzte Woche aufgetreten ist, oder an die Blumenerde, die eigentlich ein bisschen zu trocken war.

So entsteht die Vorstellung, dass Pflanzen immer so aussehen sollten. Immer blühend, mit nur glänzend grünen Blättern. Selbst ein kleiner Kratzer scheint nicht mehr akzeptabel. Das alles ist zwar völlig normal im Leben einer pflanze.

Pflanzen sind lebendig, sie sind keine Plastikdekoration
A pflanze ist kein unbeweglicher Gegenstand. Sie ist ein lebendiger Organismus, der wächst, sich verändert, repariert und sich an seine Umgebung anpasst. Ein beschädigtes Blatt erzählt eine Geschichte. Vielleicht ist das pflanze vorübergehend zu viel oder zu wenig Licht. Vielleicht war es eine Reaktion auf einen Umzug oder ein Zeichen, dass Sie es gerade noch rechtzeitig vor dem Austrocknen bewahrt haben.
Man kann es mit einer Narbe bei einem Menschen vergleichen. Sie bedeutet nicht, dass jemand ungesund ist, sondern eher, dass etwas überwunden wurde. Auch Pflanzen zeigen das, und das ist das Besondere an ihnen.

Der Druck der Perfektion wirkt lähmend
Wenn man ständig mit Pflanzen konfrontiert wird, die vermeintlich besser aussehen als die eigenen, beginnt man an sich selbst zu zweifeln. Man fragt sich, ob man etwas falsch macht oder ob man keinen grünen Daumen hat. In manchen Fällen wird man sogar entmutigt, während die pflanze in Wirklichkeit nur gute Arbeit leistet.
Diese verzerrten Erwartungen führen manchmal dazu, dass Pflanzen eher weggeworfen oder ersetzt werden. Das ist schade, denn oft handelt es sich nur um eine vorübergehende oder unschuldige Veränderung im Wachstumsprozess.

Pflanzenliebe ist auch Raum für Unvollkommenheit
Jeder, der schon länger mit Pflanzen arbeitet, weiß, dass es keine pflanze ohne Unvollkommenheiten gibt. Und genau das macht ihre Faszination aus. Ein gerissenes Blatt ist keine Katastrophe, sondern eine Folge von Wachstum oder Bewegung. Ein vergilbtes Blatt bedeutet, dass die pflanze seine Energie woanders braucht. Und wenn es eine Zeit lang nicht blüht, ist das kein Zeichen von Verfall. Es ist nur eine Phase.
Wenn Sie anfangen, Ihre Pflanzen ohne diese polierten Bilder im Kopf zu betrachten, wächst auch Ihr Selbstvertrauen als Pfleger.

Trauen Sie sich, die wahre Seite Ihrer Pflanzen zu zeigen
Vielleicht ist es an der Zeit, auch online etwas öfter die wahre Geschichte zu erzählen. Zeigen Sie nicht nur die perfekten Bilder, sondern auch die pflanze die schon seit Jahren mit Ihnen wächst. Die pflanze mit einem krummen Stamm oder das seltene Exemplar, das ein wenig anders wächst, als Sie erwartet haben.
Denn wahre Schönheit liegt nicht in der Perfektion. Sie liegt im Leben, in der Unverwüstlichkeit und im Charakter.
